Das neue Europa - Hoffnung oder Illusion? Teil 1

Eine Mitschrift eines Vortrages von Dr. theol. Roger Liebi

Guten Abend meine Damen und Herren, 

ich möchte Sie alle ganz herzlich begrüßen zu diesem Vortragsabend mit dem Thema: "Das neue Europa - Hoffnung oder Illusion". Wir wollen heute Abend zusammen Europa im Licht der Bibel betrachten. Es geht um die abendländliche Kultur im Fokus der biblischen Prophetie. In einem ersten Teil, möchte ich die Geschichte der europäischen Integration vom 2. Weltkrieg bis heute ins Jahr 2010 kurz erzählen. Dann werden wir das alles im Licht der Bibel beleuchten.

Der grauenhafteste Krieg der Menschheitsgeschichte, der 2. Weltkrieg von 1939-1945 brachte unsägliches Leid, Not, Blut und Tränen über unseren alten Kontinent. Jahrhunderte alte innere Zerrissenheit Europas, erreichte einen unbeschreiblichen Höhepunkt in einer unfasslichen Eskalation des Bösen mit etwas über 70 Mill. Toten. Europa war im Frühjahr 1945 als die Kirchenglocken läuteten, am Boden zerstört. Aber, 1946 kam Vincent Churchil nach Zürich und er hielt dort eine viel beachtete Rede an der Universität. In diesem Vortrag sagte er unter anderem "Let Europe Arise", lasst Europa Aufstehen. Ferner erklärte er, wenn Europa einmal einträchtig sein gemeinsames Erbe verwalten würde, dann könnten seine 300 oder 400 Millionen Einwohner ein Glück, einen Wohlstand und einen Ruhm ohne Grenzen geniessen. Wir müssen eine Art vereinigte Staaten für Europa schaffen. Der Weg ist einfach, es ist nichts weiter dazu nötig, als das hunderte von Millionen Männer und Frauen, Recht statt Unrecht tun und Segen statt Fluch ernten. 

Man hatte verstanden, 1951 wurde die EGKS gegründet. Abkürzung für Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Das klingt nicht so spektakulär, es war aber spektakulär. Und zwar wurden durch die Gündung der Organisation wichtige Zweige der Rüstungsindustrie und besonders der wichtigsten Rüstungsproduzenten des 2. Weltkrieges in Europa, Deutschland und Frankreich über eine staatliche Kontrolle gesetzt. Das führte zu einer Reduktion der Wahrscheinlichkeit eines weiteren Kriegens zwischen den besonderen Feinden Frankreich und Deutschland. In der EKGS kamen Frankreich, Italien, die BRD, Belgien, Luxenburg und die Niederlande zusammen. In Rom, am 25.3.1957 wurden die römischen Verträge geschlossen. Das bedeutete eine Vertiefung der Integration durch die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft kurz EWG und der europäischen Atomgemeinschaft kurz Euratom. 1958 wurden die 3 Versammlungen der EGKS, der EWG und der Euratom zu einer gemeinsamen Versammlung zusammengelegt.

Ab 1962 nennt sich diese gemeinsame Versammlung Das Europäische Parlament. 1967 wurden die drei Organisationen EGKS, der EWG und der Euratom zur EG, zur Europäischen Gemeinschaft vereinigt. Auch dieser Schritt bedeutete eine weitergehende Vertiefung der Integration. 1973 treten England, Irland und Dänemark der Europäschen Gemeinschft als Vollmitglieder bei. 1981 wurde Griechenland das 10. Mitglied. Und so kam es meine Damen und Herren zum Europa der 10 Staaten. 1986 wurden Spanien und Portugal Teil der EG. Das wurde zum Europa der 12. Hier sehen wir das europäische Wappen mit den 12 Sternen. Man dachte das sind die 12 Staaten. Aber als Europa weiter wuchs, kamen keine neuen Sterne mehr dazu. Das hat seine Begründung darin, das diese Sterne nicht die einzelnen Staaten bezeichnen, wie auf der amerikanischen Flagge, wo mit jedem neuen Staat ein neuer Stern hinzu kommt. Sondern, der Designer dieses Wappens war ein Katholik und dieser wollte das Zeichen der Maria als Schutzpatronin von Europa symbolisieren. Die katholische Kirche erklärt die Frau mit dem Sternenkranz in Offenbarung 12, nicht wie es korrekt wäre als Israel, sondern als Maria.

1990 geschah was ganz besonderes. Die DDR trat der Bundesrepublik bei und wurde so als erstes Gebiet des Ostblocks in die EG integirert. Am 1. Januar 1993 kam es zur Vertiefung der Integrationdurch die Bildung des Binnenmarktes. Von nun an sollte Europa ein Gebiet ohne Grenzen werden. Der Binnenmarkt war dafür ein ganz wichtiger Schritt vorwärts. Am 1. November 1993 wurden die Verträge von Maastricht umgesetzt. Aus der EG wurde damals die Europäische Union. Die Mitglieder der EU wurden so zu einer politischen Union umgewandelt. 1995 zwigte die EU klar ihren Willen sich stättig zu vergrößern. Österreich, Finnland und Schweden traten dabei der Union bei und so kam es damals zu dem Europa der 15. Nachdem der Euro bereits am 1 Januar 1999 als Buchgeld eingeführt wurde, fand die Einführung von Euromünzen und Euroscheinen am 1 Januar 2002 statt. 

Am 1. Mai 2004 hat die EU gleich zehn neue Mitglieder aufgenommen. Es waren: Estland, Lettland, Litauen, Polen, die Tschechische Republik, die slowakische Republik, Ungarn, Slowenien, Malta und Südzypern. 74 Mio. Menschen kammen mit einem Schlag neu hinzu und damit wurde das Europa der 25 erreicht. Nun war Europa ein Block mit 455 Mio. Menschen. Nach den USA der größte Wirtschaftsblock der Welt. Im Moment noch. Nur von wenigen beachtet wurde plötzlich ein neues Gesetz eingeführt. Wer in einem dieser Oststaaten, die 2004 hinzugekommen sind, geboren worden ist kann einen EU-Pass beantragen. Das hat zur Folge das 20 Prozent der Israelis EU-Bürger werden können. Und Israelis sind es gewohnt, sich nie sicher sein zu können, wo man sich gerade aufhält und dass es gut ist, ein zweites Standbein zu haben. Dadurch entstand plötzlich eine ganz neue Konstellation zwischen Israel und Europa.

Im Jahr 2007 wurden Rumänien und Bulgarien Mitglieder der EU. Jetzt haben wir das Europa der 27. Kroatien und Mazedonien warten noch auf ihren Beitrittstag. Ferner möchte die Türkei mit über 60 Mio. muslimischen Einwohnern der EU beitretten. So kämen die 60 Mio. zu den 3 Mio. Muslimen in Europa dazu. Damit würden die Verhältnisse der Religionen in Europa eine ganz entscheident neue Realität schaffen. Der Islam würde so, eine ganz wesentliche politische Kraft im neuen Europa werden. Aber soweit ist es noch nicht. Europa ist dabei, ein Gigant, ein Riese zu werden. Ein Supermarkt und eine Supermacht.

Ich blende ein wenig zurück. Damals, der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 und der danach rasant erfolgte Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa und in der Sovjetunion haben das Bild und das Selbstverständnis Europas durchgreifend verändert. Durch den 2. Weltkrieg wurde Europa zerstört und zerstückelt. Das Zepter wurde Europa aus der Hand geschlagen und zwei Siegermächte befanden von dahin über das Wohl und Wehe Europas. Das war eine tiefe Demütigung für den alten, stolzen Kontinent. Europa vergasß aber nie, dass es über Jahrhunderte ein stolzer beherrscher der Völker gewesen war und sein Wissen und seine Kultur über alle Weltmeere getragen hatte. Dennoch, unser Kontinent wurde seit dem 2. Weltkrieg zu soetwas wie ein Waffenlager zwischen Ost und West erniedrigt. Das war die Zeit des kalten Krieges.

Aber durch den Zusammenbruch des Kommunismus im Osten begann Europa, in gewissen Sinn, wieder neu zu sich selbst zu finden und ein selbstvertrauen aufzubauen. Unser alter Kontinent erhebt sich nun wie ein etwas alter, benommener Held von seinem Lager. In diesem Zusammenhang ist nun die Frage angebracht: Europa quo vadis? Europa wohin gehst du? Nun deswegen sind Sie ja heute Abend gekommen. Zur beantwortung dieser Frage. 

Diese Frage wurde schon längst beantwortet. Von den sogenannten Europavisionären. Die gab es ja schon seit Jahrzehnten. Z.B. in jüngerer Vergangenheit hat Dr. Franz Blankart ein promovierter Philosophe und ehemaliger schweizer Staatssekretär als Europabefürworter, das gibts ja auch in der Schweiz, folgendes gesagt im Blick auf das neue Europa, Zitat: "ein heilig römisches Reich europäischer Nationen soll gezimmert werden". Die Fahrtrichtung ist ziehmlich klar. Aber schon lange vor ihm hat der Europavorreiter Emil L. 1955 folgendes gesagt: "Es ist im wesentlichen so: Europa, die Europäische Einheit brauchen wir nicht zu schaffen, sondern lediglich wieder herzustellen." Sie verstehen was das heißt? Europa, ein heilig römisches Reich.